Ende der Schonfrist: E-Mail-Verteiler rechtssicher machen!

E-Mail Marketing - E-Mail-Verteiler rechtssicher machen

 

 

 

Die Spatzen pfeifen es seit Monaten von den Dächern: Die Schonfrist für „die BDSG-Novelle 2“ aus 2009 laufe nach drei Jahren aus, und ab dem 1. September werde "scharf geschossen". Es herrscht eine Mischung aus Unsicherheit und Verzweiflung, und Fragen der Branche reichen von "Wen kratzt das denn?" bis zu "Muss ich meinen ganzen Verteiler löschen?!?"


Wenn Sie Online-Direktmarketer mit aktivem E-Mail Marketing sind, sind Ihnen Verteilergröße und -qualität wahrscheinlich sehr wichtig.

 


 

Zunächst eine Klarstellung

 

Die Übergangsregelung des § 47 BDSG, in der die besagte „Schonfrist“ steht, bezieht sich ausschließlich auf § 28 BDSG, der nur den Umgang mit schon vor dem 01.09.2009 erhobenen bzw. gespeicherten Daten für Zwecke der Werbung regelt. § 28 BDSG wiederum gilt allerdings gar nicht für Werbung per E-Mail; denn für Telemedien, zu denen auch Werbe-E Mails zählen, gelten vorrangig die Spezialvorschriften des Telemediengesetzes, vor allem §§ 12 und 13 TMG. Dass die Übergangsfrist des § 47 BDSG ausläuft, hat auf Ihr E-Mail Marketing deshalb überhaupt keinen Einfluss.

 

Dennoch Handlungsbedarf

 

Dass das „Ende der Schonfrist“ Sie möglicherweise nicht betrifft, ändert aber nichts daran, dass schon seit Jahren Einwilligungserfordernisse gelten, die möglicherweise nicht erfüllt werden.

 

Im worst case – einem Rechtsstreit, auf Grund dessen Sie alle „illegalen“ Datensätze löschen müssen – bedeutet für Unternehmen mit erfolgreichem E-Mail Marketing einen herben Rückschlag, wenn nicht gar den Entzug der Existenz. Deshalb sollten Sie lieber früher als später handeln. Einen Großteil Ihrer Daten löschen zu müssen ist besser als alle.

 

Das heißt, Sie müssen sich überlegen, was Sie mit Ihrem bestehenden Verteiler tun müssen, um ihn schnellstmöglich so „sauber“ wie möglich zu bekommen. Ich habe schon von erfolgreichen Aktionen gehört, bei denen der gesamte Verteiler mit einer (rechtlich unzulässigen) E-Mail angeschrieben wurde, in der man alle Empfänger um Einwilligung bat, und auf die hin 75 % des Verteilers die Einwilligung erklärten. So etwas ist aber nach meiner Erfahrung die Ausnahme.

 

Also was tun? Viele Unternehmen suchen nach dem „zulässigsten Weg im rechtlichen Im folgenden beschreibe ich zwei Varianten, die Unternehmen oft gehen und damit auch grundsätzlich gute Erfahrungen machen.

 

 

Variante 1:„Neukunde“

Online-Shop-Betreiber haben das große Einfalltor des § 7 Abs. 3 UWG, nach dem Sie Werbe-E-Mails schicken dürfen, wenn
Ihnen jemand die Adresse freiwillig beim Kaufprozess gegeben hat,

Sie bei der Erhebung deutlich darauf hingewiesen haben, dass Sie die E-Mail-Adresse für Direktwerbung für eigene ähnliche Waren/DL verwenden werden,

Sie ihn auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen haben und

(natürlich) wenn und solange er der Zusendung von Werbe-E-Mails nicht widersprochen hat.

 

Das heißt, hier müssen Sie kein Opt-in einholen, sondern nur darauf hinweisen, dass der Kunde ein Opt-out-Recht hat. Diese Variante funktioniert auch nicht nur bei Erstkunden, sondern bei allen, die Ihnen Ihre E-Mail-Adresse beim Kaufprozess geben. Zwei Haken gibt es allerdings:
Sie funktioniert z. B. nicht bei Shops mit Mitgliedermodell, wo beim Kauf die E-Mail-Adresse nicht mehr erklärt werden muss, weil die Daten automatisch eingetragen werden. Außerdem deckt diese Variante auch wirklich nur den Versand von Werbe-E-Mails ab, aber nichts darüber hinaus, also z. B. kein personenbezogenes Klicktracking.

 

Diese Variante funktioniert praktisch so: Sie senden Ihrem Verteiler eine E-Mail mit einem unschlagbaren Angebot, das sehr viele wahrnehmen werden. So konvertieren Sie nach und nach den wertvollsten Teil Ihres Verteilers zu „sauberen Adressen“. Die Kritiker unter Ihnen haben Recht: Wenn Sie vorher kein Opt-in für Werbe-E-Mails hatten, dürfen Sie genau genommen auch die oben vorgeschlagene E-Mail nicht schicken. Das durften Sie aber vorher auch nicht, und bei dieser Variante kommen immerhin am Ende „legale“ Datensätze heraus. Wenn sich vorher niemand beschwert hat, ist das wirtschaftliche Risiko einer solchen Aktion minimal.

Ja, eine für Ihre Kunden so attraktive Aktion kostet Sie wahrscheinlich Geld, weil Sie etwas zu einem niedrigen Preis anbieten müssen, wenn möglichst viele „anspringen“ sollen. Sehen Sie es als Lehrgeld oder Budget für Marketing, und wenn das nicht reicht, um die Aktion attraktiv zu machen, bringt Ihnen Ihr Verteiler vielleicht auch nicht genug, um seinem Verlust nachzutrauern.

 

Variante 2:„Gewinnspiel“

 

Ob es ein tatsächliches Gewinnspiel (genauer: Preisausschreiben) ist oder nicht, ist egal. Bieten Sie Ihren Empfängern etwas Kostenloses, das so attraktiv ist, dass sie sich bei Ihnen „neu anmelden“ und dabei endlich eine „richtige“ Einwilligung erklären. Preisausschreiben eignen sich dafür gut, weil Sie damit ein (hoffentlich reizvolles) Incentive für eine Einwilligungserklärung setzen und Sie einen unentgeltlichen Newsletter – richtig umgesetzt – außerdem zur Voraussetzung einer Teilnahme am Preisausschreiben koppeln dürfen.

 

 

Wieso darf man Anmeldungen zum Newsletter koppeln?

 

Erstens:

Das deutsche Kopplungsverbot ergibt sich für diesen Fall aus § 4 Abs. 6 UWG und bezieht sich nur auf Verbraucher. Wenn Sie mit Geschäftsleuten zu tun haben, müssen Sie nur nach § 4 Abs. 5 UWG die Teilnahmebedingungen klar kommunizieren (das müssen Sie bei Verbrauchern aber natürlich auch).

Zweitens:

§ 4 Abs. 6 UWG spricht von „Inanspruchnahme von Dienstleistungen“, die man nicht mit der Teilnahme an einem Preisausschreiben koppeln dürfe. Man könnte ja auf die Idee kommen, auch einen Newsletter-Service für eine „Dienstleistung“ zu halten aber der Begriff setzt Entgeltlichkeit voraus. Der Gesetzgeber hat diesen Teil aufgenommen, um auch entgeltliche Verträge zu umfassen, die eben nicht die Lieferung von Ware zum Gegenstand haben. Eine Anmeldung zu einem kostenlosen Newsletter darf also zur Voraussetzung der Teilnahme an einem Preisausschreiben gemacht werden.

Drittens:

§ 4 Abs. 6 UWG wurde vom EuGH mit Urteil vom (Az. ) für europarechtswidrig gehalten, weshalb wir eine merkwürdige Situation in Deutschland haben: § 4 Abs. 6 UWG existiert zwar noch und hat als uns direkt betreffende Rechtsnorm auch grundsätzlich Geltungsvorrang, wird aber nicht angewendet, weil nach Europarecht dieses Kopplungsverbot nicht gilt. Damit hat das Europarecht hier Anwendungsvorrang. Auch bei Variante 2 kommen also „legale Adressen“ heraus. Es gibt zweie Unterschiede zur Variante „Neukunde“: Erstens muss hier eine „richtige Einwilligung“ erklärt werden, während oben der reine Hinweis auf ein Opt-out-Recht ausreicht, und zweitens kann man hier über eine entsprechende Einwilligungserklärung auch das Klicktracking einbeziehen, was bei der ersten Opt-out-Variante nicht möglich ist.

Egal, was Sie tun; achten Sie bitte bei allen Ihren Neuerungen darauf, dass am Ende ein belegbares Opt-in heraus kommt. Sonst kostet Sie der ganze Aufwand nicht nur wertvolle Conversion, sondern bringt Ihnen auch keinen rechtlichen Vorteil. Wenn Sie Opt-ins belegen müssen, bringt Ihnen guter Wille nichts. Für vermeintliche Schadensbegrenzung ist es außerdem von unschätzbarem Wert, wenn Sie die Herkunft von E Mail-Adressen im Verteiler kennzeichnen.

Vermerken Sie also für jeden einzelnen Datensatz,

woher die Adresse kam, also ob über die Newsletter-Anmeldung auf Ihrer Website, über

das Gewinnspiel X, über den Affiliate-Partner Z oder über einen Kauf in Ihrem Online-Shop;

wann die Adresse an- und ggf. abgemeldet wurde; und

ob und ggf. welche Einwilligung der Anmelder erklärt hat.

Ein Tipp zum Schluss: rabbit liefert seit vielen Jahren zuverlässige Hilfe bei der Optimierung von Newsletter-An- und Abmelderoutinen. Mit Sicherheit hilft Ihnen die Agentur auch bei der Bewältigung dieser ganz besonderen Herausforderung. Ich stehe Ihnen in diesem Fall für Beratung und Hilfe in rechtlicher Hinsicht zur Verfügung. Natürlich stehe ich Ihnen bei weiteren Fragen zur BDSG-Novelle 2 auch jederzeit direkt zur Verfügung. Meine Kontaktdaten finden Sie auf www.stiegler-legal.com.

 

Frank Stiegler, Rechtsanwalt
Stiegler Legal

 

 

 

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